Die Orgeln in der Stiftskirche St. Bonifatius

Prospekt der barocken Mencke-Orgel (Foto von 1901)

Die Geschichte der Orgeln in der Stiftskirche St. Bonifatius lässt sich über mehrere Jahrhunderte zurückverfolgen. Schon 1552 wird in den Ausgaben einer Kirchenrechnung das Vorhandensein einer Kirchenorgel erwähnt. Orgel-Neubauten lassen sich für das Jahr 1661 (Henrich Reinking aus Bielefeld) und 1711 (Henrich Mencke aus Beckum) belegen. Diese Barock-Orgel wurde mehrfach ergänzt und verändert. Besonders tiefgreifend war ein 1937 durch die Orgelbaufirma Breil aus Dorsten fertiggestellter dreimanualiger elektropneumatischer Umbau.

Im Zuge der Umgestaltung der Stiftskirche zwischen 1957 und 1963 wurden das Instrument und die Orgelempore entfernt, um die romanischen Arkadenöffnungen aus der Erbauungszeit der Kirche freizulegen. Der alte Prospekt wurde zunächst eingelagert und im Jahr 2000 in der St. Dionysius-Kirche in Nordwalde für einen Neubau verwendet, der als Rekonstruktion einer westfälischen Barock-Orgel gestaltet wurde.

 

 

 

 

Die Breil-Orgel von 1964 (Foto: Kaup)

 

Ein von der Orgelbaufirma Breil ausgeführter Orgelneubau im nördlichen Kreuzarm der Kirche wurde 1964 eingeweiht. Dabei wurde kein altes Material aus dem Vorgängerinstrument verwendet. Nach Revisionen und Umbauten in den Jahren 1992, 1994 und 2001 zeigte diese Orgel einige Jahre später wieder zunehmende Verschleißerscheinungen, v.a. durch Feuchtigkeitseinwirkungen mit Schimmelbildung und Staub, und war nach einem Riss im Windbalg zuletzt kaum noch spielbar.

Der Ende 2014 gegründete Orgelbauverein wurde zum Motor der Renovierung der Orgel. Im Frühjahr 2016 wurde von der Kirchengemeinde unter Beteiligung des Orgelbauvereins und des Orgelsachverständigen im Bistum Münster, Ulrich Grimpe, die Orgelbaufirma Romanus Seifert & Sohn aus Kevelaer mit dem Neubau beauftragt. Dabei sollten wiederverwendbare Teile der alten Orgel genutzt werden. Letztlich konnte mehr als die Hälfte der Pfeifen aus der alten Orgel in das neue Instrument eingearbeitet werden.  Die Traversflöte stammt noch aus der Vor-Vorgänger-Orgel um 1900. Mit den neu erstellten Pfeifen wurden v.a. die Grundstimmen erweitert und Register aus dem Bereich der Streicher ergänzt. Auch die Anlage der Zungenstimmen (u.a. Clarinette 8´, Horn 16´) sorgt jetzt für eine bessere Tragfähigkeit des Klangs. Mit der Stimme Clairon 4´ als Chamaden-Werk (horizontal angelegte Pfeifen) wurde der Prospekt auch optisch bereichert. Die Windversorgung ist großzügig mit Mehrfaltenbälgen konzipiert. Das Instrument klingt gravitätisch und kraftvoll, aber auch weiche romantische Klänge sind ansprechend zu gestalten. So kann auf diesem Instrument ein breitgefächertes Repertoire dargestellt werden.

Die neue Orgel mit ihren 2178 Pfeifen verfügt über 38 Register auf zwei Manualen und Pedal. Das obere Manual ist als Schwellwerk eingerichtet. Die elektrische Register- und Spieltraktur mit Setzer-Anlage der Firma Otto Heuss ermöglicht eine flexible Aufstellung des Spieltisches, was bei Konzerten und bei der Begleitung des Kirchenchores genutzt werden kann.

Als Standort der Orgel wurde das Nord-Querschiff unserer Kirche beibehalten. Durch ein stärkeres Abrücken des Gehäuses von der Wand, verbesserten Winddruck, neue Mensuren und sorgfältige Intonation der Pfeifen wurde im Vergleich zum Vorgänger-Instrument eine deutlich verbesserte Klangabstrahlung in den gesamten Kirchenraum erreicht. Zahlreiche Öffnungen des Gehäuses zur Verbesserung der Luftzirkulation sollen neuerlichen Feuchtigkeits- und Schimmelproblemen vorbeugen. Boden- und Wandarbeiten wurden in enger Absprache mit dem Kirchenvorstand und den Denkmalbehörden in Warendorf und Münster durchgeführt. Gleichzeitig erfolgten weitere bautechnische Maßnahmen in der Kirche zur Verbesserung der klimatischen Raumverhältnisse.

 

Am ersten Advent 2017 wurde die neue Orgel in unserer Stiftskirche eingeweiht. In nur dreijähriger Planungs- und Bauzeit ist es gelungen, die Orgel und damit „unsere Kirche wieder klasse klingen“ zu lassen. Dass dieses Projekt realisiert werden konnte, verdanken wir vielen Förderern, Spendern, Firmen, Musikvereinen, Chören und den engagierten Mitgliedern des Orgelbauvereins.

Unsere Stiftskirche und die Orgel sind identitätsstiftende Merkmale für Freckenhorst. Die Orgel ist für alle da. Sie kann mit ihren vielseitigen Klangmöglichkeiten über die gottesdienstliche Verwendung hinaus für alle Musiker und Zuhörer eine persönliche Inspirationsquelle sein.

 

Seit April 2017 wird das Amt des Organisten und Kirchenchor-Leiters an St. Bonifatius durch Agata Lichtscheidel ausgeübt. Sie wurde in Polen geboren. Nach einem Orgelstudium an der Musikakademie Krakau und in Mainz erwarb sie im Masterstudium an der staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart das Konzert-Examen Orgel und das Master-Diplom für historische Tasteninstrumente. An der Musikhochschule Detmold wurde ihr 2015 das Diplom für katholische Kirchenmusik erteilt. Als Konzertorganistin war sie in mehreren Wettbewerben in Polen und Deutschland erfolgreich. Neben ihrer Tätigkeit als Stifts-Kantorin bereitet sie angehende Organisten im Bistum Münster auf die C-Prüfung vor.

 

Der Orgelbauverein wird weiterhin unsere Kirchenmusik fördern und sich für die Pflege der neuen Orgel einsetzen. Dabei sind wir auf Unterstützung und Förderung angewiesen. Wir freuen uns über jede Mitgliedschaft im Verein (ab 10 € Jahresbeitrag möglich), aber auch Spenden sind herzlich willkommen. Eine besondere Form der Unterstützung besteht darin, einer Orgelpfeife durch Übernahme einer symbolischen Patenschaft einen Namen zu geben.

 

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage:

www.orgelbauverein-freckenhorst.de

 

Orgelbauverein St. Bonifatius Freckenhorst e.V.

Stiftshof 2 - 48231 Warendorf-Freckenhorst

Mail: orgelbauverein@bonifatius-lambertus.de

 

Bankverbindungen:

Sparkasse Münsterland Ost | Filiale Freckenhorst

IBAN DE33 400 501 50 0034 400 515

BIC WELADED1MST

 

 

DKM Darlehnskasse Münster eG

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Disposition der Seifert-Orgel

 

 

I. Hauptwerk

 

 

 

 

   C – g3

1.

Bordun

16 '

2.

Principal

8 '

3.

Viola da Gamba

8 '

4.

Spitzflöte

8 '

5.

Traversflöte

8 '

6.

Octave

4 '

7.

Rohrflöte

4 '

8.

Quinte

2 2/3 '

9.

Octave

2 '

10.

Mixtur IV – V

1 1/3 '

11.

Cornettino III

2 2/3 '

12.

Trompette

8 '

13.

Clarinette

8 '

14.

Clairon

4 '

 

II an I, Sub II an I, Super II an I

 

 

II. Schwellwerk

   C – g3

15.

Diapason

8 '

16.

Salicional

8 '

17.

Vox coelestis

8 '

18.

Gedackt

8 '

19.

Principal

4 '

20.

Flauto traverso

4 '

21.

Nasard

2 2/3 '

22.

Piccolo

2 '

23.

Terz

1 3/5 '

24.

Mixtur 4-fach

2 '

25.

Larigot

1 1/3 '

26.

Horn

16 '

27.

Trompete

8 '

28.

Oboe

8 '

 

Tremulant

 

 

Sub II, Super II

 

 

 

 

P. Pedal

  C – f1

29.

Principalbass

16 '

30.

Subbass

16 '

31.

Quintbass

10 2/3 '

32.

Octavbass

8 '

33.

Gedacktbass

8 '

34.

Choralbass

4 '

35.

Posaune

16 '

36.

Trompete, Transmission aus Nr. 12

8 '

37.

Clarine, Transmission aus Nr. 12

4 '

38.

Clairon, Transmission aus Nr. 14

4 '

 

I an P, II an P, Super II an Pedal

       

 

 


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